Uta Ruscher

Margherita Sarfatti und Valentine de Saint-Point

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Margherita Sarfatti fuhr regelmĂ€ĂŸig nach Paris, wo sie neben KĂŒnstlern wie Colette oder Jean Cocteau auch Valentine de Saint-Point traf, die sie ĂŒberaus schĂ€tzte. Die Dichterin, Malerin und TĂ€nzerin veröffentlichte im Jahre 1912 das „Manifest der futuristischen Frau“ als Antwort auf F. T. Marinettis „Manifest des Futurismus“. Marinetti, der im Salon von Margherita Sarfatti ein- und ausging, hatte u.a. geschrieben:
„Wir wollen den Krieg verherrlichen, diese einzige Hygiene der Welt, den Militarismus, den Patriotismus, die Vernichtungstat der Anarchisten, die schönen Ideen, fĂŒr die man stirbt, und die Verachtung des Weibes.“

Saint-Point antwortete darauf:
„Die Menschheit ist mittelmĂ€ĂŸig. Die meisten Frauen sind den meisten MĂ€nnern weder ĂŒberlegen noch unterlegen. Beide sind gleich. Beide verdienen dieselbe Verachtung. (…) Es ist absurd, die Menschheit in Frauen und MĂ€nner einzuteilen. Sie besteht nur aus Weiblichkeit und MĂ€nnlichkeit. Jeder Übermensch, jeder Held, sei er noch so episch, jedes Genie, sei es noch so mĂ€chtig, ist nur der verschwenderische Ausdruck einer Rasse und einer Epoche, weil es eben aus weiblichen und mĂ€nnlichen Elementen besteht, aus Weibheit und Mannheit: weil es ein vollkommenes Wesen ist. (…) Genug der Frauen, die Kinder gebĂ€ren nur fĂŒr sich, sie hĂŒten vor jeder Gefahr, vor jedem Abenteuer, also vor jeder Freude; die ihre Tochter der Liebe, ihren Sohn dem Kriege streitig machen! Genug der Frauen, die als Buhlerinnen am Herde verfĂŒhrerisch das Blut der MĂ€nner und Kinder aussaugen; genug der tierisch verliebten Frauen, die begehrend sich verschwenden, um neue KrĂ€fte zu empfangen!
Die Frauen, das sind die Erinnyen, die Amazonen, die Semiramis, die Jeanne d’Arc, die Jeanne Hachette, die Judith und die Carlotte Corday; die Kleopatra und die Messalina; (…) Ja, ‘die Welt verwest vor lauter Weisheit‘, aber es liegt an ihrem Instinkt, dass die Frau nicht weise, nicht friedliebend, nicht gut ist. Da es ihr an Maß gebricht, wird sie in einer schlĂ€frigen Epoche der Menschheit sicher zu weise, zu friedliebend, zu gut. Ihre Intuition, ihr Vorstellungsvermögen sind zugleich ihre StĂ€rke und ihre SchwĂ€che. (…)
Deswegen darf keine Revolution sie ausschließen. Deswegen muss man sich an sie wenden, statt sie zu verachten. Sie ist die fruchtbarste Eroberung, die man machen kann, die am meisten begeistert, die die AnhĂ€nger vervielfacht.“